Lebenswege und Erlebnisse

Lebenswege und Erlebnisse

Hunger nach Leben

Tabea Clasen, 38 Jahre, Pastorin

Diesen Sommer war ich auf einem Campingplatz. Dort sprach mich eine Person auf meine Arme an, die voller Narben von Selbstverletzung sind. Die Person selbst hatte Erfahrung damit und wollte wissen, wie ich davon losgekommen bin, mich zu ritzen. Meine Antwort darauf war simpel: „Ich bin zum Glauben an Jesus Christus gekommen.“ Daraufhin entwickelte sich ein einstündiges Gespräch über Gott, über die Suche nach dem Sinn des Lebens, über inneres Ankommen und das Heilwerden.

Solche Menschen begegnen mir immer wieder. Menschen, die tiefe Fragen haben, die sich nach jemandem sehnen, der sie auf ihrem Weg begleitet, um Antworten zu finden. Und dann beginne ich zu erzählen von dem, was ich erlebt habe.

Aber fangen wir mal von vorne an und zwar da, wo es für mich persönlich begonnen hat. Ich war 26 Jahre alt, leidenschaftliche Motorradfahrerin, liebte das Abenteuer und hatte darin diverse Höhenflüge, aber auch Tiefschläge erlebt. Ich kam an einen Punkt, an dem ich mir die Frage stellte: Ist das alles? Will ich so die nächsten Jahre weitermachen?

In dieser Zeit führten mich verschiedene Umstände zu der Gemeinde Prisma. Was ich dort erlebte, faszinierte mich. Dort fand ich Menschen, die mitten im Leben stehen, einen herzlichen Umgang miteinander pflegen und eine Ausstrahlung haben, die mich anzog. Was ich dort wahrnahm, und was diese Menschen hatten, das wollte ich auch!

Ich erfuhr damals, dass es einen Vater im Himmel gibt, der mich kennt, der mich so geschaffen hat, wie ich bin, und der mit meinem Leben etwas anfangen möchte. Gott ist nicht sauer, sondern er freut sich an mir. Das eröffnete mir plötzlich andere Möglichkeiten für meine Lebensgestaltung.

Je mehr ich mich mit Gott und der Bibel befasste, umso attraktiver wurde die Beziehung zu ihm. Ich wollte Gott besser kennen lernen und Zeit mit ihm verbringen. Umso mehr ich das auch heute tue, erkenne ich, wie gut Gott ist und gleichzeitig wie viel ich von ihm noch entdecken darf.

Heute entdecke ich ihn im Gebet. Gebet heißt für mich, mit Gott in den Dialog zu gehen, über ihn nachzudenken und mich innerlich auf Ihn auszurichten und meiner Spiritualität unterschiedlich Ausdruck zu verleihen.

Wenn du da draußen bist und dir auch Fragen stellst, dann geh davon aus, dass Gott die tiefen Fragen des Lebens kennt und dir helfen möchte, Antworten zu finden. Stell ihm deine Fragen einfach! Ich selbst habe in Jesus ein reales Gegenüber gefunden, der mit mir unterwegs ist, mir Orientierung schenkt, mich herausfordert und mir gleichzeitig so tief begegnet, wie es kein anderer kann. Darin ist echtes Leben.

Wenn die Seele weint

Gabriele Unger, Krankenschwester

Heute bin ich 64 Jahre alt. Unfassbar, dass im pubertären Alter von 16 Jahren etwas begann, das ich damals in seiner Bedeutung nicht wirklich einschätzen konnte.

Ich hörte, dass ich im Gebet Jesus, dem Auferstandenen, mein Leben anvertrauen kann. Spontan wie ich war, wagte ich es, betete regelmäßig, verstand mehr und mehr die Bibel und traf mich mit anderen jungen Christen. Ich hörte von der bedingungslosen Liebe Gottes, die Jesus verkörpert.

Das alles hört sich nach einem unbekümmerten Teenager an, aber mein Leben war alles andere als das. Die Beziehung zu meinem Stiefvater war sehr leidvoll. Nach außen hatte ich gelernt zu lächeln, aber mein Inneres mit tausend Schmerzen ging niemanden etwas an. Dass mich das irgendwann krank machen würde, war mir nicht bewusst, aber genau das sollte geschehen.

Später kam die schwere Enttäuschung durch meinen Ehemann hinzu. Nach 12 Ehejahren musste ich das Leben alleinerziehend mit drei Kindern bewältigen. Mein inneres Chaos spiegelte sich zunehmend im äußeren Chaos wider.

Mein Leben war das eines Messie. Ich schämte mich. Ich hatte nichts mehr im Griff. Inzwischen hatte sich all der unterdrückte Schmerz in Selbstverletzungen, Depression und Suizidgedanken Bahn gebrochen.

Damals hatte ich glücklicherweise bereits eine innere Heimat in der überkonfessionellen Gemeinde Prisma gefunden. Dort fand ich praktische Hilfe, viel Liebe und auch Seelsorge.

Nachdem meine Kinder auf eigenen Beinen standen, begab ich mich in einen längeren Klinikaufenthalt in die De’Ignis-Klinik. Ich lernte neu anzufangen. Meine Verletzungen durften heilen. Vor allem begriff ich die Kraft der Vergebung Gottes, die ich dann auch anderen gegenüber auszusprechen lernte.

Später sprach mir eine Unbekannte in einem Gottesdienst bei Prisma, ohne irgendein Vorwissen zu haben, folgendes zu: „Du bist kein Stiefkind! Du bist eine vollwertige Tochter Gottes!“ Diese Worte wurden mir ungeheuer wichtig. Ich durfte verstehen, dass es nicht an mir und meiner Leistung liegt, von Gott geliebt und mit Würde ausgestattet zu sein.

Heute ist mein Leben dennoch immer wieder herausfordernd. Gesundheitlich stehe ich kurz vor der Dialyse. Als Mutter kämpfe ich mit großen Ängsten um meinen Sohn, der in Krisengebieten als Berufssoldat im Einsatz ist.

Aber ich weiß, dass ich Gottes geliebte Tochter bin. Nichts und niemand kann mir diese befreiende Gewissheit und diese Geborgenheit wieder nehmen.

Einfach nur Delfine

Martin Maunz, 56 Jahre, Arzt

Wir standen an einer schönen Bucht in der Bretagne in Frankreich am Atlantik – ganz alleine. Der Stellplatz war echt so schön, wie beschrieben. Nur eines fehlte noch zur Beschreibung – die Delfine am Abend.

Ich habe Gott gebeten: „Wie schön wäre es, Delfine dort zu sehen, am Abend beim Spaziergang!”

Ich habe es auch meiner Sabine erzählt. Und am Morgen beim Joggen war mein Blick ständig auf das Meer gerichtet und mein Gebet in den Himmel – nix passiert und nix gesehen! Tja, darf Gott mit solchen verrückten Dingen belästigt werden? Ich war ein bisschen traurig.

Zum Frühstück saßen wir in unserem Auto, die Heckklappe offen zum Meer hin und ich las den Bibelvers zur Tagesandacht. Während ich lese, lacht Sabine – „Deine Delfine wären jetzt da!”

Hat Gott so viel Humor? Ist Leben mit ihm so konkret? Oder ist das alles nur ein schöner Zufall?

Ich bin Arzt im Krankenhaus und arbeite mit großen Teams – wir sagen da heute “interprofessionell und interdisziplinär”. Klingt gut und ist oft sehr herausfordernd. Wie oft ist da das Ziehen an einem Strang gefährdet? Und es braucht Schritte aufeinander zu.

Oder bei meinen Patienten, die Angst, Wut, Hoffnungslosigkeit und Verzweiflung spüren und bei ganzen Familien, die sich in Grenzsituationen

wiederfinden. Hier den richtigen Ton zu treffen, die guten Worte und vielleicht auch mit der ganzen Körpersprache Mut zu machen – das kann so viel Veränderung und neues Leben bewirken! Damit das gelingen kann, lade ich jeden Morgen Jesus in mein Herz und mein Leben ein.

Diese kleinen Erfahrungen mit meinen Patienten und meinen Teams im Alltag und natürlich auch die Delfine im Urlaub machen mir Mut für die großen Steine in meinem Leben:

Wie geht es unter größtem Druck bei mir beruflich weiter? Kann ich Rückgrat zeigen? Wie hoch wird der Preis dafür sein?

Auch damals bei meiner Berufswahl und auch bei unserer Beziehung und Ehe habe ich und haben wir mit Gott gesprochen wie mit einem Freund – eben gebetet und mit ihm den Weg gesucht.

Als im Februar 2020 meine ganze Intensivstation voll mit nur einer Krankheit war und auch junge Menschen sterben mussten, die Masken und weitere Schutzkleidung knapp waren und es noch keine Impfung gab – da habe ich täglich große Angst gespürt, auch um mich selbst.

„Mut ist Angst, die gebetet hat”, hat Corrie ten Boom gesagt, eine Holländerin, die Auschwitz überlebt hat. Damit ich das verstehe, hat Gott für mich manchmal sogar Delfine und ein Andachtsbuch parat.